Es begann mit Spandex, einem genialen „Expansions“-Anagramm, das vom DuPont-Chemiker Joseph Shivers entwickelt wurde.
1922 wurde Johnny Weissmuller durch seine Rolle als Tarzan im Film berühmt. Er absolvierte die 100 Meter Freistil in 58,6 Sekunden und schockierte damit die Sportwelt. Niemand kümmerte sich darum oder bemerkte, was für einen Badeanzug er trug. Es war schlichte Baumwolle. Er stand in scharfem Kontrast zum Hightech-Anzug des Amerikaners Caleb Drexel, der bei den Olympischen Spielen in Tokio in 47,02 Sekunden die Goldmedaille gewann!
Natürlich haben sich die Trainingsmethoden in den letzten 100 Jahren verändert, obwohl Weissmuller Wert auf den Lebensstil legt. Er wurde ein leidenschaftlicher Anhänger von Dr. John Harvey Kelloggs vegetarischer Ernährung, Einläufen und Bewegung. Dressel ist kein Vegetarier. Er isst gerne Hackbraten und beginnt seinen Tag mit einem kohlenhydratreichen Frühstück. Der eigentliche Unterschied liegt im Training. Drexel bietet interaktives Online-Personaltraining an Rudergeräten und Heimtrainern an. Aber es besteht kein Zweifel, dass auch sein Badeanzug einen Unterschied macht. Natürlich nicht im Wert von 10 Sekunden, aber wenn die Spitzenschwimmer von heute nur einen Bruchteil einer Sekunde voneinander trennen, werden Material und Schnitt des Badeanzugs sehr wichtig.
Jede Diskussion über die Technologie von Badeanzügen muss mit dem Wunder von Spandex beginnen. Spandex ist ein synthetisches Material, das sich wie Gummi dehnen und auf magische Weise in seine ursprüngliche Form zurückkehren kann. Anders als Gummi kann es jedoch in Form von Fasern hergestellt und zu Stoffen verwebt werden. Spandex ist ein cleveres Anagramm für „Expansion“, das vom DuPont-Chemiker Joseph Schiffer unter der Anleitung von William Chachi entwickelt wurde, der für die Erfindung von wasserdichtem Zellophan berühmt ist, das er durch die Beschichtung des Materials mit einer Schicht Nitrozellulose herstellte. Sportbekleidung zu erneuern war nicht Shivers‘ ursprüngliche Absicht. Damals waren Taillenbänder aus Gummi ein gängiger Bestandteil der Damenbekleidung, aber die Nachfrage nach Gummi war gering. Die Herausforderung bestand darin, ein synthetisches Material zu entwickeln, das als Alternative für Taillenbänder verwendet werden konnte.
DuPont hat Polymere wie Nylon und Polyester auf den Markt gebracht und verfügt über umfassende Expertise in der Synthese von Makromolekülen. Shivers stellt Spandex durch die Synthese von Blockcopolymeren mit abwechselnd elastischen und starren Segmenten her. Es gibt auch Zweige, mit denen sich Moleküle „vernetzen“ lassen, um ihnen Festigkeit zu verleihen. Durch die Kombination von Spandex mit Baumwolle, Leinen, Nylon oder Wolle entsteht ein elastisches und angenehm zu tragendes Material. Als viele Unternehmen begannen, diesen Stoff herzustellen, meldete DuPont ein Patent für seine Spandex-Version unter dem Namen „Lycra“ an.
1973 trugen ostdeutsche Schwimmer erstmals Spandex-Badeanzüge und brachen damit Rekorde. Das mag eher mit ihrem Steroidkonsum zusammenhängen, verleiht Speedos Wettkampfkleidung aber eine neue Dimension. Das 1928 gegründete Unternehmen ist ein wissenschaftlich fundierter Badeanzügehersteller, der in seinen „Racerback“-Badeanzügen Baumwolle durch Seide ersetzt, um den Widerstand zu verringern. Angetrieben vom Erfolg der Ostdeutschen, stieg Speedo nun auf eine Teflonbeschichtung des Spandex um und formte winzige V-förmige Rillen wie Haifischhaut auf der Oberfläche, die Turbulenzen reduzieren sollen.
Bis zum Jahr 2000 wurde daraus ein Ganzkörperanzug mit noch geringerem Widerstand, da Wasser besser auf der Haut haftet als Badeanzugmaterialien. 2008 wurde Polytetrafluorethylen durch strategisch platzierte Polyurethan-Einsätze ersetzt. Dieses heute aus Lycra, Nylon und Polyurethan bestehende Gewebe fängt winzige Luftblasen ein, die Schwimmern das Aufschwimmen ermöglichen. Der Vorteil dabei ist, dass der Luftwiderstand geringer ist als der Wasserwiderstand. Manche Unternehmen versuchen, Anzüge aus reinem Polyurethan zu verwenden, da dieses Material Luft sehr effektiv absorbiert. Mit jedem dieser „Durchbrüche“ verkürzt sich die Zeit und steigen die Preise. Ein Hightech-Anzug kann heute über 500 Dollar kosten.
Der Begriff „technische Stimulanzien“ hat unseren Wortschatz erobert. 2009 beschloss die Internationale Schwimmvereinigung FINA, das Feld auszugleichen und alle Ganzkörper- und Vliesbadeanzüge zu verbieten. Der Wettlauf um die Verbesserung der Anzüge wurde dadurch jedoch nicht gestoppt, auch wenn die Anzahl der Körperflächen, die sie bedecken können, mittlerweile begrenzt ist. Für die Olympischen Spiele in Tokio brachte Speedo einen weiteren innovativen Anzug aus drei Lagen unterschiedlicher Stoffe auf den Markt, dessen Identität Gegenstand des Patentschutzes ist.
Spandex ist nicht nur auf Badebekleidung beschränkt. Skifahrer wie Radfahrer zwängen sich in einen glatten Spandex-Anzug, um den Luftwiderstand zu verringern. Damenunterwäsche macht nach wie vor einen großen Teil des Geschäfts aus, und Spandex wird sogar in Leggings und Jeans verarbeitet, wo es den Körper in die richtige Position presst und so unerwünschte Unebenheiten kaschiert. Was Innovationen im Schwimmsport angeht, werden die Teilnehmerinnen vielleicht nur noch ihren nackten Körper mit einem bestimmten Polymer besprühen, um jeglichen Widerstand im Badeanzug zu eliminieren! Schließlich traten die ersten Olympioniken nackt an.
Joe Schwarcz ist Direktor des Office of Science and Society der McGill University (mcgill.ca/oss). Er moderiert die Dr. Joe Show auf CJAD Radio 800 AM jeden Sonntag von 15 bis 16 Uhr.
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Beitragszeit: 22. Oktober 2021